Annett Louisan

„Live im Schmidt“

Annett Louisan ist eine der erfolgreichsten Musikerinnen Deutschlands. 2004 wurde sie mit „Das Spiel“ fast über Nacht zu einem Star. Nicht nur die Radiostationen verliebten sich in den federleichten Popsong. Von einer „kleinen Hymne ans weibliche Selbstbewusstsein“ schrieb etwa der „Spiegel“ und bescheinigte Louisan Texte ohne die dem deutschen Liedgut so oft „immanente Peinlichkeit“. Ihr Debüt „Bohème“ erreichte nach sechs Wochen Gold und nach neun Wochen Platinstatus und wurde damit zu einem der am schnellsten verkauften Debütalben der deutschen Musikgeschichte. Ein Erfolg, auf dem sich die Hamburgerin aber nicht ausruhte. Im Gegenteil: Sechs Alben folgten bis heute, alle erreichten sie die vordersten Chartregionen. Über 1,5 Millionen Exemplare ihrer CDs wurden bis heute verkauft oder aber in der letzten Zeit gestreamt. Viele der Songs von Annett Louisan haben eines gemeinsam: Annett Louisans Suche nach einem Platz außerhalb der eigenen Komfortzone, den Willen, ihre kleinen, großen Songs so zu inszenieren, dass sie sich tief ins Ohr des Hörers eingraben. Sie war 2016 Teil der VOX-Erfolgsshow „Sing meinen Song – das Tauschkonzert“, zuletzt erschien im vergangenen Jahr „Kleine große Liebe“, ein Album, auf dem die Hamburgerin mit der unvergleichlichen Stimme sehr direkt aus ihrem Leben berichtete, vom Weg einer Künstlerin, erwachsen zu werden und dabei Verantwortung für sich selbst und andere zu übernehmen.

Jetzt also „Kitsch“. Der Begriff gehört zu den zehn deutschen Wörtern, die am Schwierigsten zu übersetzen sind. Im Englischen, aber auch im Französischen und im Türkischen hat man „Kitsch" deshalb kurzerhand übernommen. Die Definitionen von Kitsch sind zahlreich. So schön wie diese Platte ist keine davon. Und egal, ob es eine 40 Jahre alte Radio-Nummer ist oder ein Popsong aus der Gegenwart – Annett gibt jedem Song Annett-Louisan-Charakter.

Die Idee zu dem Album entstand während des Lockdowns. Für Annett Louisan keine einfache Zeit. Alle Konzerte für das Jahr wurden abgesagt – es waren viele –, plötzlich fand sie sich fast voll ständig auf sich selbst zurückgeworfen. „Ich hörte unfassbar viel Musik. Vielleicht so viel wie zuletzt als Kind. Das Zuhören, das Hineindenken in die künstlerische Welt vieler Kolleginnen und Kollegen bildete in diesen Wochen meinen gedanklichen und emotionalen Rückzugsort.“ Schließlich kam ihr die Idee, aus den Liedern, die einen mitnehmen in eine vertraute sichere Welt, eine Cover-Platte zu formen. Am ersten Tag nach dem Ende des Lockdowns flog sie mit ihrem Team nach Wien.

Umwege erhöhen bekanntlich die Ortskenntnis. Und deshalb ist „Kitsch“ wichtig für Annett Louisan. Weil die Arbeit mit einer anderen Sprache einen Ausbruch aus der Routine bedeutet. Wie es ihr die Möglichkeit gibt, sich auszuprobieren. Eine eigene Ausdrucksweise zu finden. Für sie ist „Kitsch“ die Geschichte einer Reise – so wie das auch schon „Berlin, Kapstadt, Prag“ war. „Diesmal keine Reise um die Welt, sondern einer Reise nach innen. If you can’t go outside, go inside.“ Es ist ein ausgesprochener Glücksfall, dass wir Hörer an dieser Reise teilhaben dürfen.